Die Schulter ist ein komplexes Gelenk. Kaum ein anderes Gelenk im menschlichen Körper hat ein ähnliches Bewegungsausmaß. Die Beweglichkeit der Schulter wird durch die sog. Rotatorenmanschette gewährleistet. Sie überträgt die Muskelkraft auf den Oberarmkopf und besteht aus insgesamt 4 Sehnen.

Wie entstehen Schulterschmerzen?

Durch die Komplexität der Schulter sind die Ursachen von Schulterschmerzen vielfältig und können zu unterschiedlichen Beschwerden führen. Beispielsweise führen Risse der Rotatorenmanschette zu einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung. Zudem ist das knöcherne Schulterdach eine anatomische Grenze für die Sehnenplatte. Veränderungen im Bereich des Schulterdaches mit begleitender Entzündung eines Schleimbeutels können zu starken Schmerzen vor allem bei Überkopfarbeiten führen. Man spricht von einem Engpasssyndrom der Schulter (Impingementsymptomatik).

Impingementsyndrom

Vor allem beim Heben bzw. beim Abspreizen des Arms zur Seite oder nach vorne bis auf Höhe des Kopfes verspürt der Patient meist stechende Schmerzen im Bereich der Schulter. Häufig besteht eine Ausstrahlung bis in den Oberarm, ebenso treten Schmerzen beim Absenken des Arms auf.

Die Ursachen des Impingements sind vielfältig:
Abnützung des Schultergelenkes (AC-Gelenk) mit knöchernem Anbau am Schulterdach, Entzündungen eines Schleimbeutels (Bursitis subacromialis). Hakenförmiges Schulterdach, Sehnenveränderungen (Tendinopathie), Kalkeinlagerungen im Bereich der Sehnen (Tendinitis calcarea) aber auch Sehneneinrisse oder ein Ungleichgewicht der Muskulatur durch falsches Training.

Ein Engpasssyndrom der Schulter kann in leichter Ausprägung gut konservativ behandelt werden. Hier bieten Injektionen mit Cortison, Krankengymnastik oder die Einnahme von Schmerzmitteln Möglichkeiten um eine Operation zu vermeiden. Wie bei allen Erkrankungen des Bewegungsapparates empfehlen wir Ihnen die selbstständige Beübung der Schulter zuhause.
Wenn sich die Problematik dauerhaft aber nicht bessert, kann diese durch eine Gelenkspiegelung behoben werden.

Der Eingriff erfolgt arthroskopisch, d. h. durch eine Gelenkspiegelung. Zuerst wird das gesamte Schultergelenk beurteilt, ggf. begleitende Auffälligkeiten können sofort mit behandelt werden. Danach wird das Schulterdach dargestellt und die Ursache der Problematik behoben. Zum Beispiel kann mit einer Fräse überschüssiger Knochen (subacromiale Dekompression) oder ein entzündeter Schleimbeutel entfernt werden (subacromiale Bursektomie).

Nach der Operation erfolgt die Anlage eines Schlingenverbandes für 3-5 Tage, krankengymnastische Beübungen sind für etwa 2 Monate notwendig. Je nach Operationsbefund und Tätigkeit des Patienten ist die Rückkehr ins Arbeitsleben nach 3-6 Wochen wieder möglich.

AC-Gelenksarthrose

Das Schultereckgelenk oder Acromioclaviculargelenk (ACG) stellt die Verbindung zwischen Schlüsselbein und Schulterdach dar. Dieses Gelenk wird vor allem bei Überkopfarbeiten beansprucht. Dadurch kommt es u. U. bereits in jungen Jahren zu einem vorzeitigen Verschleiß des Gelenkes, d. h. zu einem Aufbrauch des Gelenkknorpels und der daraus resultierenden schmerzhaften Reibung zwischen Schlüsselbein und Schulterdach. Auch Verletzungen des AC-Gelenkes (sog. Tossy Verletzungen) können zu einem frühen Verschleiß führen, da hier neben der Sprengung der Gelenkkapsel auch der Gelenkknorpel verletzt sein kann.

Patienten mit ACG-Arthrose beklagen einen belastungsabhängigen Schmerz vor allem beim Heben des Arms auf Höhe des Kopfes. Nachts treten häufig Schmerzen beim Liegen auf der Seite auf. Auch der Griff zur gesunden Schulter bereitet dem Patienten deutliche Schwierigkeiten.

Die Therapie der Arthrose beginnt generell konservativ, so können die Einnahme von Schmerzmitteln, Krankengymnastik und auch Injektionen in das Gelenk die Schmerzen deutlich lindern und ggf. auch komplett beseitigen. Bleibt jedoch ein Therapieerfolg aus, so besteht die Empfehlung zur arthroskopischen Entfernung des Gelenkes. Hier wird mittels einer Fräse das Gelenk reseziert und dadurch ein „neuer“ breiter Gelenkspalt geschaffen (AC-Gelenksresektion). Die eigentliche Funktion des Gelenkes wird dadurch nicht beeinträchtigt. Die Operation erfolgt minimalinvasiv, d. h. es werden nur 2, ggf. 3 kleine Hautschnitte gesetzt.

Die Ruhigstellung in einem Schlingenverband erfolgt für etwa 3-5 Tage. Der Arm kann nach der Operation frei bewegt werden. Krankengymnastische Übungsbehandlungen sind für etwa 2-3 Monate notwendig. Überkopfsport ist nach ca. 3 Monaten wieder durchführbar. Je nach Tätigkeit des Patienten ist ein Wiedereintritt ins Arbeitsleben nach ca. 3-12 Wochen realistisch.

Rotatoren­manschetten­ruptur

Die Rotatoren­manschette besteht aus 4 Sehnen, diese übertragen die Muskelkraft auf den Oberarm und gewährleisten so die Bewegung des Armes. Einrisse oder komplette Abrisse der Sehnen bezeichnet man als Rotatoren­manschetten­ruptur. Dadurch resultiert eine schmerzhafte Bewegungs­einschränkung im Schulterbereich. Ursachen können zum einen ein Verschleiß der Sehnen im Alter sein, zum anderen kommt es durch Unfälle zu Verletzungen der Rotatoren­manschette.

Die Patienten beschreiben eine schmerzhafte Bewegungs­einschränkung vor allem beim Anheben des betroffenen Armes. Die Schmerzen projizieren sich häufig auf den Oberarm. Teilweise besteht eine Schmerzausstrahlung bis in den Unterarm. Bei größeren Rissen besteht zudem ein Kraftdefizit, da ja die Muskelkraft nicht mehr auf den Oberarmkopf übertragen werden kann. Überkopfarbeiten können kaum oder nur noch unter großen Schmerzen ausgeführt werden.

Kleine Einrisse können gut konservativ behandelt werden, hier kommt vor allem Kranken­gymnastik und manuelle Therapie zum Einsatz. Große Einrisse der Rotatoren­manschette sollten vor allem bei jungen Patienten operativ versorgt werden, da diese nicht von selbst heilen können. Zudem kommt es durch die ständig vorhandene Grundspannung der Muskeln zu einer zunehmenden Distanz der Sehnenstümpfe. Bei älteren Patienten liegt meist ein deutlicher Verschleiß der Sehne vor, sodass eine Operation nicht immer erfolgreich sein kann. Hier muss individuell abgewogen und die Situation muss mit dem Patienten genau besprochen werden.

Zuerst erfolgt eine Gelenkspiegelung der Schulter mit Darstellung des Risses. Bei kleinen Rissen kann der Defekt minimalinvasiv versorgt werden, d. h. im Rahmen der Arthroskopie. Bei größeren Defekten wird ein ca. 4 cm langer Hautschnitt am Oberarmkopf gesetzt und die gerissene Sehnenplatte wieder mit speziellen Knochenankern an ihrem ursprünglichen Ansatzpunkt refixiert (sog. Rotatoren­manschetten­rekonstruktion).

Die Nachbehandlung erfolgt relativ streng durch ein Nachbehandlungs­schema, was dem Patienten nach der OP ausgehändigt wird. Für 6 Wochen ist das Tragen eines sog. Schulter­abduktions­kissen notwendig. Zum regelmäßigen häuslichen Gebrauch wird ebenfalls für 6 Wochen ein elektrischer Schulterstuhl rezeptiert. Zusätzlich verordnen wir Kranken­gymnastik. Ab der 7. Woche empfehlen wir die Durchführung einer ambulanten Rehabilitation, diese wird in der Regel für die Dauer von 3 Wochen durchgeführt. Danach kann je nach Situation die Durchführung von Kranken­gymnastik sinnvoll sein. Überkopfarbeiten sollten nach 6-9 Monaten wieder möglich sein. Die Rückkehr ins gewohnte Arbeitsumfeld ist situationsbedingt. Sitzende Tätigkeiten können im Prinzip nach 8 Wochen wieder durchgeführt werden. Patienten mit körperlich schwerer Arbeit und Überkopfarbeit können erst nach ca. 6 Monaten wieder in ihr Berufsumfeld integriert werden.

Schulterluxation

Unter einer Schulterluxation versteht man die Verrenkung des Schultergelenks. Diese Verletzung tritt vor allem bei Stürzen auf den nach hinten ausgestreckten Arm auf.

Die Schulterluxation ist eine äußerst schmerzhafte Verletzung, die sofort wieder durch einen Arzt eingerenkt, d. h. reponiert, werden muss. Bei jungen Patienten kommt es bei der Verletzung meist zu einem Schaden der Gelenkpfanne. Dadurch kann die Schulter bereits bei Alltagsbewegungen erneut auskugeln. Bei älteren Patienten kommt es im Rahmen der Verrenkung eher zu einer Verletzung der Rotatorenmanschette.

Die akute Schulterluxation muss umgehend wieder reponiert werden. Je nach verletzter Struktur, welche durch eine MRT Aufnahme abgeklärt wird, erfolgt die Stabilisierung des Schultergelenks. Vor allem bei jungen Patienten empfehlen wir die Operation, da es auf Grund der defekten Gelenkpfanne zu erneuten Schulterluxationen kommen kann. Bei Verletzungen der Rotatorenmanschette ist eine Operation ebenfalls sinnvoll, da es sich meist um große Risse handelt.

Handelt es sich bei der verletzten Struktur um die Gelenkpfanne (sog. Bankartdefekt) erfolgt die Stabilisierung der abgerissenen Gelenklippe durch Knochenanker. Diese werden arthroskopisch, also durch eine Gelenkspiegelung, eingebracht (sog. Bankart-Repair).
Für die Rekonstruktion der Rotatorenmanschette ist meist ein ca. 4-5 cm langer Hautschnitt am Oberarmkopf notwendig. Die abgerissenen Sehnen werden ebenfalls mittels Knochenankern an ihrem Ansatzpunkt refixiert.

Die Nachbehandlung richtet sich nach der operativ versorgten Struktur. Nach Stabilisierung der Gelenklippe erfolgt die Ruhigstellung in einer Schulterschlinge für wenige Wochen. Ab der 1. Woche erfolgt Krankengymnastik. Patienten und Physiotherapeuten erhalten ein Nachbehandlungsschema mit den entsprechenden Bewegungsausmaßen. Nach ca. 3 Monaten sollte die volle Belastbarkeit der Schulter wieder erreicht werden. Die Nachbehandlung der Rotatorenmanschettenrekonstruktion ist aufwändiger und strenger, wir verweisen auf das Kapitel Rotatorenmanschettenruptur.

Kalkschulter

Bei der sog. Kalkschulter oder auch Tendinitis calcarea handelt es sich um schmerzhafte Kalkeinlagerungen, welche sich typischerweise im Ansatzbereich der Schultersehnen (Rotatorenmanschette) bildet. Die Ursache der Kalkeinlagerungen liegt in chronischen Verschleißerscheinungen und Umbauprozessen der Sehnenansätze. Diese führen dann zu reaktiven Kalkeinlagerungen im Sehnenansatz mit lokalen Entzündungsreaktionen.

Die Kalkschulter äußert sich in einer äußerst schmerzhaften Bewegungseinschränkung der Schulter. Vor allem in der ersten Phase der Entzündung kann die Schulter kaum auf und ab bewegt werden. Da die Kalkeinlagerungen zu entzündlichen Prozessen führen, kann es in Folge dessen auch zu einem Sehnenriss kommen. Daraus resultieren dann anhaltende dauerhafte Bewegungseinschränkungen der Schulter bzw. des Arms.

Die Kalkschulter ist eine Domäne der konservativen Therapie. Die regelmäßige Einnahme von entzündungshemmenden Medikamenten wie z. B. Ibuprofen oder Voltaren in Kombination mit physiotherapeutischen Beübungen führen meist schon zum Erfolg. Auch die Anlage von Kinesiotapes kann den Heilverlauf positiv beeinflussen. In der akuten ersten (sehr schmerzhaften) Phase kann auch eine kurzfristige Ruhigstellung in einem Schlingenverband notwendig sein. Sehr hartnäckige Kalkdepots lassen sich mit Cortisoninjektionen oder der extrakorporalen Stoßwellentherapie behandeln (ESWT). Bei der ESWT handelt es sich um eine sog. Individuelle Gesundheitsleistung (IGEL), welche von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen wird.

Nur bei frustraner konservativer Therapie kann eine arthroskopische oder offen chirurgische Entfernung des Kalkdepots notwendig sein. Hierbei wird die Kalkeinlagerung aufgesucht, mit einem scharfen Löffel ausgekratzt bzw. mit einer feinen Fräse entfernt und die entstandene Lücke in der Sehne mit Nähten wieder verschlossen.

Frozen Shoulder oder Schultersteife

Die Frozen Shoulder oder Schultersteife beschreibt eine schmerzhafte Aufhebung der Beweglichkeit des Schultergelenkes. Durch eine chronische Entzündung der Gelenkschleimhaut und der Schulterkapsel kommt es vorerst zu einer Verdickung der Gelenkkapsel und letztlich zu einer Schrumpfung. Durch die geschrumpfte Kapsel kommt es zu einer mechanischen Blockierung mit Bewegungseinschränkungen in alle Bewegungsrichtungen des Arms bzw. des Schultergelenkes.

Die Ursachen der Schultersteife sind häufig unbekannt. Man spricht dann von einer primären Frozen Shoulder. Es besteht aber ein Zusammenhang mit Stoffwechselerkrankungen wie z. B. Diabetes, Erkrankungen des Fettstoffwechsels oder der Schilddrüse.

Ist die Ursache der Schultersteife bekannt, spricht man hingegen von der sekundären Form. Gründe sind Infektionen des Schultergelenkes, Kalkdepots, Arthrose oder vorangegangene Operationen.

Der typische Erkrankungsgipfel liegt zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr. Frauen sind dabei häufiger betroffen als Männer. In 30% der Fälle tritt eine Erkrankung an beiden Schultern gleichzeitig auf.

Der Erkrankungsverlauf gliedert sich typischerweise in 3 Phasen.

1. Phase bzw. entzündliche Phase

Am Anfang besteht ein heftiger bis unerträglicher Schmerz der Schulter, welcher sich nachts meist verschlechtert. Eine Bewegungseinschränkung wird oftmals noch nicht wahrgenommen. Die erste Phase kann 3-9 Monate andauern.

2. Einsteifungsphase bzw. „freezing“

In dieser Phase lässt der Schmerz langsam nach, es kommt zu einer deutlichen Bewegungseinschränkung der Schulter. In ausgeprägten Fällen ist die Beweglichkeit der Schulter komplett aufgehoben. Ursache hierfür ist die oben beschriebene Schrumpfung der Gelenkkapsel (Dauer dieser Phase bis zu 12 Monaten).

3. Lösungsphase bzw. „melting“

Langsam gewinnt die Schulter wieder an Beweglichkeit, da die Entzündungsreaktion abklingt und die Gelenkkapsel sich wieder regeneriert. Es verbleiben meist keine dauerhaften Schäden, aber Bewegungseinschränkungen. Die Dauer des „meltings“ beträgt ca. 9 Monate.

Die Schultersteife wird trotz des sehr langwierigen Verlaufs konservativ therapiert, da operative Eingriffe das Erkrankungsbild oft sogar verschlechtern können.

Therapeutisch wird in erster Linie mit entzündungshemmenden Medikamenten wie z. B. Ibuprofen, Voltaren und Cortison behandelt. Im sog. freezing muss die Beweglichkeit mit Physiotherapie und Heimübungen verbessert werden.

Letztlich ist die Frozen Shoulder eine selbstlimitierende Erkrankung, d. h. eine Heilung erfolgt auch ohne spezifische Therapie. Allerdings ist die Erkrankungsdauer (mit und ohne ärztliche/physiotherapeutische Unterstützung) in jedem Fall sehr lange. Eine Erkrankungsdauer von 1,5 Jahren und mehr ist keine Seltenheit.